Geistlicher Impuls März 2024

Die Osterbrücke

Wer auf das hört, was ich zu sagen habe, und dem, der mich gesandt hat, sein Vertrauen schenkt, der besitzt das ewige, unzerstörbare Leben. Ja, er muss nicht in das Gericht hinein, sondern er ist schon hinübergewechselt aus dem Bereich des Todes in den Herrschaftsbereich des Lebens.
(Johannes 5,24, Bibelübersetzung „das buch“ von Roland Werner)

Es war im Religionsunterricht der Handelsschule. In meiner Klasse versammelten sich die muslimischen Schüler und Schülerinnen gemeinsam mit den christlichen. Was also lag näher, als die Themen interreligiös zu behandeln. Das war mein Ansatz. Um Ostern herum ging es um Jenseitsvorstellungen, um Tod und Auferstehung. Eine muslimische Schülerin beschrieb die Vorstellung vom ewigen Leben so:  Es gibt eine hauchdünne messerscharfe Brücke zwischen dem Versammlungsort der Toten und dem Paradies. Jeder einzelne muss allein über diese Brücke balancieren. Diejenigen, die Fürsprache durch die Propheten verdient haben, werden von ihren Fürsprechern an der Hand über die Brücke geführt.“
Eine christliche Schülerin erklärte ihre Glaubenswelt: „Wir haben auch so eine Brücke, um ins Paradies zu kommen“, sagte sie. „Unsere Brücke hat die Form eines Kreuzes. An diesem Kreuz starb Jesus Christus. Unsere Brücke heißt Jesus Christus“.
Schnell entstanden zwei Tafelbilder. Beide zeigten die Schlucht zwischen dem Ort des Todes und dem Paradies. Die eine Schlucht wurde von einem schmalen Steg überbrückt. Hier gingen zwei Menschen Hand in Hand hinüber in das Paradies. Über der anderen Schlucht lag ein Kreuz. Die Schülerin fügte hinzu: „Unser Fürsprecher heißt Jesus Christus und er führt uns hinüber. Und das passiert schon jetzt“.

Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Es gibt eine Reihe von Ich-bin-Worten. Ob sie wörtlich auf Jesus zurückgehen oder ihm in den Mund gelegt wurden, das sei dahingestellt. In den Ich-bin-Worten stellt sich Jesus vor als Brot des Lebens, als Licht der Welt, Tür und guter Hirte und als wahrer Weinstock. Er ist die Auferstehung und das Leben, und er sagt: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Jedes Ich-bin-Wort erklärt etwas vom Wesen, vom Auftrag, vom Ziel Jesu. Aber wie wäre es, wenn Jesus auch noch gesagt hätte: „Ich bin die Brücke“? Der Gedanke legt sich nahe, denn die Evangelien zeichnen ein Bild von Jesus, dem Brückenbauer. Er bringt die Menschen in Kontakt zueinander. Er versöhnt sie miteinander und mit Gott.

Jesus schlägt Brücken und verbindet Menschen, die sonst nicht zueinanderfinden. So wie er handelt, wie er mit seinem Mitmenschen umgeht, überwindet er gesellschaftliche Gräben. Wer Schuld auf sich geladen hat oder wer auf seinem Lebensweg eine falsche Richtung eingeschlagen hat, darf das Alte hinter sich lassen und neu anfangen. Jesus ermöglicht Umkehr. Wer über eine solche Brücke geht, versteht, was Jesus meint, wenn er uns einlädt, ihm zu folgen. Wenn er predigt, sind seine Geschichten und Bilder wie Brücken zwischen unserer Welt und Gottes Reich. Seine Gleichnisse sind Brücken, Gottes Wort in den Alltag zu holen und ihm zu folgen. Jesu Tod und seine Auferstehung schließen den Brückenbau ab. Deshalb können wir am Ostersonntag jubeln und uns zurufen „Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden“. Jesus, unsere Osterbrücke. Mit dem Osterjubel im Herzen gehen wir über diese Brücke zu Gott.

„Wer auf das hört, was ich zu sagen habe, und dem, der mich gesandt hat, sein Vertrauen schenkt, der besitzt das ewige, unzerstörbare Leben. Ja, er muss nicht in das Gericht hinein, sondern er ist schon hinübergewechselt aus dem Bereich des Todes in den Herrschaftsbereich des Lebens.“ (Joh 5,24)       

Jutta Grashof
(in: Evangelische Frauenhilfe im Rheinland (Hrsg.), überBRÜCKEN. Andachten 2024. 24 Andachten durch das Kirchenjahr)

 

Gebet

Herr Jesus Christus,
Du lädst uns ein zu einem Leben mit dir.
Du verheißt uns ein Leben bei dir.
Du weist uns den Weg in Gottes Reich.
Du bist unsere Brücke zum Leben in Ewigkeit.
Deshalb jubelt unser Herz,
Deshalb singen wir mit ganzer Seele und beten dich an.
Dir sei Ehre in Ewigkeit.
Amen.