Die Hoch-Zeit des Karnevals, und damit die Vorpassionszeit, hat begonnen. Für viele steht nach den tollen Tagen ein ebenso wiederkehrendes Ritual an - der Frühjahrsputz. Es ist immer wieder erstaunlich, was sich so den Winter über ansammelt, abgestaubt und eingeräumt werden will, aussortiert werden muss.
Alle Jahre wieder - und auch wenn der Frühjahrsputz nicht vergnügungsteuerpflichtig ist - bringt das Groß-Reine-Machen häufig doch so manchen Schatz und manche Erinnerung zu Tage. Irgendwie wird alles in die Hand genommen - alle Habseligkeiten, die sich unter unserem Dach so zueinandergesellen.
„Habseligkeiten“ - was für ein schönes altes Wort. Es wurde vom Deutschen Sprachrat und dem Goethe-Institut 2004 sogar zum schönsten deutschen Wort erkoren, weil es den Gegensatz des menschlichen Strebens nach Besitz mit dem „unerreichbaren Ziel“ der Seligkeit vereint. Dieses Wort bezeichnet weniger die Dinge, die Kapital darstellen, sondern eher unsere Besitztümer, die oft nur für uns persönlich einen Wert haben: ein vom Meer geschliffener Stein; eine alte Konzertkarte; eine verbeulte Emaille-Tasse aus alten Campingtagen; eine alte, selbst zusammengestellte Musikkassette vom ersten Freund; selbstgemalte Bilder von Kindern und Enkelkindern; ein kleines Dankeschön… Das alles sind Dinge, deren Wert wir oft nur selbst erkennen und die sofort mit Erinnerungen und Gefühlen verbunden sind, so dass wir schnell auf eine Zeitreise gehen und den Frühjahrsputz auch schon mal aus den Augen verlieren.
Habseligkeiten beschreiben sowohl das Notwendigste als auch das, was einem persönlich emotional besonders wichtig und wertvoll erscheint.
In einer geselligen Runde, in der alte, schöne Worte gesammelt wurden, kam auch das Wort „Habseligkeiten“ zur Sprache. Und eine Mit-Sammlerin machte mit Nachdruck deutlich, warum ihr das Wort so viel bedeutete: „In diesem Wort steckt doch auch eine Aufforderung“, sagte sie: „Habe Seligkeit“.
Ja, so ist es: „Habe Seligkeit“ - Habe etwas, was für Dich und Deine Seele wichtig und guttuend ist, was über Dich und über irdische Werte hinausgeht und Dir wirklich etwas bedeutet.
Vielleicht können wir mit diesem Blick auch die Seligpreisungen Jesu neu lesen. Auch da ist eher von denjenigen die Rede, die nicht im Rampenlicht stehen, von denjenigen, die sich eher geringschätzen:
„Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.“ (Matthäus 5,3-10)
„Habe Seligkeit.“ - Vielleicht ist diese Seligkeit tatsächlich im nächsten Frühjahrsputz zu finden, wenigstens für kurze Augenblicke.
„Habe Seligkeit“ und besinne Dich auf das, was Dir Seligkeit schenkt. Auf das, was einen emotionalen Mehrwert für Dich hat und Dich stärkt.
Simone Pfitzner
(in: Evangelische Frauen im Rheinland (Hrsg.), Andachten 2025. Worte finden. 24 Andachten durch das Kirchenjahr)
Guter Gott,
manchmal legt sich nicht nur auf unsere Habseligkeiten der Staub des letzten Winters.
Auch unsere Seelen sind zugedeckt von dem, was das Leben uns zugemutet hat.
Da tut auch uns ein Frühjahrsputz gut,
dass das Wesentliche wieder ans Tageslicht kommt,
dass wir uns besinnen, auf das, was wirklich zählt und uns Seligkeit schenkt:
Deine Liebe, die auch die scheinbar Geringen und Benachteiligten ins rechte Licht rückt.
Amen
Selig seid Ihr. EG 666
Such, wer das will ein ander Ziel, EG 346
Liebe, die du mich zum Bilde, EG 401