Vor allen Dingen habt untereinander beharrliche Liebe; denn »Liebe deckt der Sünden Menge zu«. (1. Petrus 4,8)
Vielleicht kennen Sie den alten Witz:
Als Fritzchen aus der Kirche nach Hause kommt, wird er gefragt, worüber der Pastor denn gepredigt habe? Fritzchen antwortet: Über die Sünde. Und, fragt die Mutter, was hat er darüber gesagt? Er war dagegen!, antwortet Fritzchen.
Beim Wort „Sünde“ läuft bei den meisten von uns ein Film ab. Eine Mischung aus Sex und Schokolade, vielleicht kombiniert mit der Erinnerung an die Punkte in der Flensburger Strafsünderkartei. Wir kennen Steuersünder und arme Sünder, süße und nicht so süße Sünden. Sündigen, das ist das, was wir gern tun wollen, aber besser nicht tun sollen. Wir sind alle kleine Sünderlein, s’war immer so, s’war immer so; die Sünden haben es sogar ins Lied geschafft.
Im Mittelalter gab es die Vorstellung, dass die Sünden die Menschen unweigerlich in die Hölle und ins Fegefeuer bringen, man sich aber daraus freikaufen kann. Gott sei Dank hat Martin Luther mit dieser Vorstellung aufgeräumt.
Das Wort Sünde kommt vom Wort Sund. Ein Sund ist eine sehr tiefe Meerenge, die zwei Länder voneinander trennt. So ist die Sünde eigentlich all das, was uns von Gott und den Geboten trennt. Damit ein tiefer Sund überbrückt werden kann, braucht es eine besonders stabile und lange Brücke.
Die Öresundbrücke (dänisch: Øresundsbroen, schwedisch: Öresundsbron) ist die weltweit längste Schrägseilbrücke für kombinierten Straßen- und Eisenbahnverkehr. Sie bildet zusammen mit dem Drogdentunnel und der künstlichen Insel Peberholm die mautpflichtige Öresundverbindung, die die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit Malmö in Schweden verbindet und damit maßgeblich die Öresundregion erschlossen hat. Die Brücke wurde am 1. Juli 2000 dem Verkehr übergeben.
Brücken verbinden Länder.
Auf allen Euro-Scheinen sind unterschiedliche Brücken abgebildet. Ein gutes Zeichen für den Kern des europäischen Gedankens: Im geeinten Europa setzen Menschen nicht auf Grenzen und Mauern, sondern auf das Verbindende, das Überbrücken von Gegensätzen. Sich abschotte, und auf die eigene Kultur pochen scheint manchmal einfacher, denn das Verbindende zu suchen, kann konfliktreich und anstrengend sein.
Auch zwischen unterschiedlichen Menschen, zwischen den Generationen, den Milieus und der Herkunft müssen Brücken gebaut werden, um sich zu verstehen.
Nur über die Brücke der Liebe führt der Weg vom ICH zum WIR, sagt die Dichterin Irmgard Erath. Liebe, Interesse und Verständnis überwinden das Trennende. Mit Liebe kann man in Beziehungen auch Krisen und Kritik überstehen, ohne sich zu trennen.
Gott hat in Jesus eine Brücke in unser Menschenleben gebaut und damit alles, was uns von ihr trennt, also Sünde, Tod und Teufel überbrückt. Eine Brücke der Liebe.
Claudia Posche
(in: Evangelische Frauenhilfe im Rheinland (Hrsg.), überBRÜCKEN. Andachten 2024. 24 Andachten durch das Kirchenjahr)
Herr,
ich möchte den Mut zum Bau von Brücken haben
zwischen mir und denen, die ich nicht mag und nicht verstehen kann,
die mir misstrauen oder mich enttäuschen,
zwischen mir und den Mitarbeitenden meiner Gemeinde
und denen, mit denen ich im Streit lebe.
Brücken auch für die, die untereinander streiten.
Brücken zwischen meinem Kreis und anderen Kreisen,
meiner Generation und anderen Generationen,
meiner sozialen Gruppe und anderen Gruppen.
Brücken zu denen, die draußen sind,
den Enttäuschten, den in Vorurteilen Befangenen, den Abgefallenen,
den Spöttern und Feinden.
Ich möchte den Mut zum Brückenbau haben auch dort,
wo Brückenbau unpopulär ist,
quer hindurch durch die eiserenen Vorhänge der Angst,
der Selbstgerechtigkeit.
Ich bitte dich um den Mut zum Brückenbau!
Amen.
(Ernst Lange, in: Unsere Zeit in Gottes Händen: Evangelische Gebete, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009)
Gut, dass wir einander haben (Wortlaute. Liederheft zum Evangelischen Gesangbuch Nr. 50)