Andacht Newsletter Juni 2023

Frieden mit der Erde schaffen!

Andacht zu 1. Mose 1, 27+28

27 Da schuf Gott Adam, die Menschen, als göttliches Bild, als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich und weiblich hat Gott sie geschaffen. 28 Dann segnete Gott sie, indem Gott zu ihnen sprach: »Seid fruchtbar, vermehrt euch, füllt die Erde und bemächtigt euch ihrer. Zwingt nieder die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und alle Tiere, die auf der Erde kriechen.«
(1. Mose 1, 27+28, Bibel in gerechter Sprache)

Wann haben wir es satt, die Erde zu beherrschen, die Krone der Schöpfung zu sein, diejenigen zu sein, die als Verwalterinnen der Schöpfung eingesetzt sind? Eine Verwaltung, die offensichtlich mehr eigene Interessen verfolgt, als für den Schöpfer zu verwalten. Das funktioniert nicht mehr. Das Bild der Herrschaft ist eine Über- oder Unterordnung. Es geht um Macht. Macht, die erhalten und ausgebaut werden muss. Auch wenn es wie ein Naturgesetz zu sein scheint: Dieser Weg führt ins Verderben.

Stattdessen müssen wir Frieden mit der Erde schaffen. Wir müssen beginnen, uns selbst anders zu verstehen und uns in eine Beziehung zu der Erde zu setzen, auf der wir leben, und zu einer Schöpfung, die uns jeden Tag ernährt. Wir sind nicht die Herrscher. Wir sind verwoben in ein Netz der Schöpfung, das sich über Jahrmillionen entwickelt hat. Unsere Existenz hängt nicht davon ab, ob wir die Erde beherrschen oder regieren. Wir existieren als Ergebnis einer fortgesetzten Schöpfung, die wir in jedem Atemzug mit Dankbarkeit und Ehrfurcht wahrnehmen können.

Die gesamte Schöpfung besteht aus wechselseitigen Abhängigkeiten. Wir sind keine unabhängigen Sonderexemplare der Schöpfung, sondern Teil eines Ganzen. Die Erde ist kein Bestand natürlicher Ressourcen, den die Menschen aufbrauchen können. Dieser Planet ist unser Zuhause, und wir alle brauchen ihn zum Überleben. Und wir wissen, dass es Grenzen für diesen Planeten gibt. Grenzen, die wir schon lange überschreiten. Krieg um die Ressourcen, Zerstörung unserer Lebensgrundlagen für gute Geschäfte und Konsum. All das wird der Menschheit nichts nutzen. Es geht um Frieden!

Frieden mit der Erde zu schaffen, bedeutet Liebe, Frieden und Verstehen als Maximen unseres Handelns festzulegen. Es klingt vielleicht fremd in unseren Ohren, dass dies der Lösungsweg sein soll, aber Liebe ist unsere treibende Kraft, Frieden ist eine Vorbedingung für Leben, und das Verstehen der Wirklichkeit ist nötig für den Übergang zum verantwortungsvollen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen.

Freue dich über die Sommerblumen und das Grün, genieße den Gesang des Rotkehlchens und den Ruf des Bussards an einem warmen Sommerabend, betrachte den kleinen Zitronenfalter und iss eine schöne rote Tomate, oder auch eine gelbe, lerne staunen und begreife, dass das uns das alles vom Schöpfer gegeben ist. Übe dich täglich im Danken!

Diese Haltung zum Leben hilft uns, in der Dunkelheit, in Zerstörung, in Feindschaft und in Schwierigkeiten das Licht zu entdecken und das Gute und die hoffnungsvollen Möglichkeiten zu sehen.

Uns in dieser Lebensweise zu üben, verleiht uns die Fähigkeit, mit schwierigen Zeiten fertig zu werden. Es verleiht uns Kraft, uns zu bemühen, das Richtige zu tun, was auch immer andere sagen. Es ist diese widerständige Haltung zum Leben, zu der uns Jesus durch sein Leben und seine Worte ermutigen möchte. Es ist diese widerständige Haltung zum Leben, die uns begegnet in den Knospen der Bäume, die im Frühling aufblühen. Im Löwenzahn, der sich der toten Asphaltfläche widersetzt und sein gelbes Gesicht zeigt, das mit allen seinen Blütenblättern dem Licht und der Wärme der Sonne entgegenlächelt.

Lassen Sie uns gemeinsam den Wandel beginnen, uns einsetzen für die Zukunft unserer Welt!

Ihre Dagmar Müller
Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland e.V.

 

Schöpfungspsalm von Christina Brudereck

Gott, der große Künstler

Ich kann nicht anders
muss als allererstes
Gott als den großen Künstler beschreiben

Wie er am ersten aller Tage
sprach: es werde – und es wurde
so dass diese Welt nicht einfach vom Himmel fiel,
sondern ins Leben geliebt wurde

Und am zweiten aller Tage
als die Festen zu neuen Räumen wurden
und der Himmel entstand
verrückte Erde, da hingerückt, da weggerückt,
es entstanden
der Kilimandscharo, die Toskana, die Sahara
das Kap der guten Hoffnung und das Ruhrgebiet

Und wie am dritten Tage der Erde das Grün aufging
Olivgrün, Türkisgrün, helles Lindgrün, Gras- und Waldgrün
Smaragdgrün, Neongrün, Flaschengrün
Goldgrün und Kiwigrün
kleine Halme, starke Bäume, Blumen,
dafür erfand er die ganze Palette Farben
Rot, Gelb, Orange, Apricot, Beige, Lila, Rosa, Blau, Türkis,
braun, Grau, Gold, Silber, Blond…

Und Gott machte Rosen in verschiedenen Farben
und für verschiedene Orte
Kletterrosen, Heckenrosen, Seerosen
für eins von Gottes Lieblingsfesten: Pfingstrosen
und eine für Jesus, eine Christrose
...

Und machte am vierten aller Tage
Lichter zum Jonglieren
die Sonne wird in die Bahn geworfen
Leuchten und Strahlen, Blinken werden erfunden
Sommer, Tag und Nacht
die Welt erlebt Morgenrot
und es dämmert ihr
es gibt keine Nacht mehr ohne Zeichen
das Dunkel weicht
und kein Stern ist Gott schnuppe

Und am fünften aller Tage
machte Gott Fische und Vögel
und wie man in seinem Element ist
abtauchen, mitschwärmen
in die Tiefe gehen, aufsteigen
fliegen, federleicht sein
den Himmel anhimmeln
getragen werden
Wind und Wellen
Wasserfälle, Wogen
Wolken, Blitz und Donner

Und dann am sechsten Tag
machte Gott alle Sorten Tiere
Kamele, kleine und große Katzen, Goldfische
Zebrastreifen und Zitronenfalter, weiße Tauben, schlaue Füchse,
Ponys, Puten, Piranhas, Perlhühner, Pelzmäuse, Präriehunde,
Papageien und Pudel

Und dann machte er als Extra-Vergnügen noch
Muscheln, Diamanten, Perlen, Honig, Himbeeren
Kokosnüsse und Kaffeebohnen
(und fragte sich schmunzelnd: ob die rausfinden, wie man das lecker kriegt?)

Und dann
guckte er sich das alles an
und gab ihm die Note „sehr gut: eins“
und fühlte sich sehr einsam
und machte zwei, wollte es so gerne mit jemandem teilen
und erfand den Menschen
auch in verschiedenen Variationen
große, kurze, runde, drahtige, dürre, faust-dicke, schmale,
leichte, blasse, dunklere, lockige, sommersprossige,
- unterschiedliche, aber innen, und das ist wichtig
haben alle ein Herz

Und da erfand Gott die Liebe
und die Musik, das Feuer, Poesie, Fußball, Postkarten
Wolldecken, Spaghetti, Kerzen, Kitzeln, Niesen
Purzelbäume, Witze, Kugeln, Küssen, Schlafen
Träumen, Schenken
und die Schmetterlinge im Bauch
die segnete er auch

Und dann erfand er ganz zum Schluss
wie aus der Puste die Pause
und das Vergnügen, Spielen, Ausflüge, Staunen,
Urlaub, Ausruhen, Mittagsschlaf
Schabbat, das letzte Siebtel einer Woche
durchatmen, zweckfreie Zeit, die sinnvoll ist, beten
und heilige Sehnsucht

Und segnete das Ganze
setzte seine große Unterschrift
unter sein göttlich einmaliges Kunstwerk

(© Christina Brudereck, Zwischenzeilen, Gesammelte Gedichte,
SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten, 4. Auflage 2015, S. 62ff)


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